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Faszientraining für fitte Gelenke
Seit einigen Jahren scheint alle Welt über Faszien zu sprechen. Offenbar spielt das dünne Gewebe bei vielen Gelenks- und Rückenschmerzen eine Rolle. Früher verorteten Mediziner die Ursachen für Knie-, Knöchel- oder Schulterprobleme in der Muskulatur, konnten den Betroffenen mit der Diagnose aber oft nicht helfen. Daraufhin mussten etliche Tennisspieler wegen chronischer Gelenkschmerzen ihr Spiel um- oder gar gänzlich einstellen.
Tennis ist zwar eigentlich ein gesunder Sport, belastet aber auch die Gelenke. Glücklicherweise kann inzwischen so mancher wieder spritzig über den Tennisplatz wetzen und voller Elan den Schläger schwingen wie eh und je. Denn vor einigen Jahren kamen Mediziner den wahren Übeltätern auf die Schliche, den Faszien. Seither sind sie in aller Munde, mittlerweile werden Faszienrollen sogar in gewöhnlichen Supermärkten verkauft. Mit regelmäßigem Faszientraining kann man das Gewebe neu beleben und so die Vitalität im Alltag wie auf dem Tennisplatz erhöhen. Aber was sind überhaupt Faszien und mit welchen Methoden kann man sie trainieren? Diesen Fragen wollen wir im Folgenden auf den Grund gehen.
Was sind Faszien?
Einem der führenden deutschen Faszienforscher zufolge, dem Humanbiologen Dr. Robert Schleip von der Universität Ulm, sind Faszien im Grunde genommen nur ein neuer Begriff für das, was man üblicherweise als Bindegewebe bezeichnet. Sie durchziehen den gesamten Körper und sorgen dafür, dass alle seine Teile an den richtigen Stellen bleiben. Außerdem übertragen sie Kraft auf Gelenke und Muskeln. Die Faszien sind ein netzartiges Gewebe bestehend aus den Proteinen Kollagen und Elastin, bestimmten Zellen und Flüssigkeit. Sie überziehen Muskeln, Sehnen, Gelenke und Organe wie eine dünne Haut. Verhärtete und verklebte Faszien schränken die Beweglichkeit ein und rufen Schmerzen hervor.
Die Faszienflüssigkeit muss regelmäßig erneuert werden
Die Faszien sind von einer Flüssigkeit umgeben, der sogenannten Grundsubstanz, bestehend aus Wasser und Hyaluronsäure. Die Flüssigkeit ernährt die Faszien und die von ihr umhüllten Strukturen. Um diese Versorgung aufrecht zu erhalten, ist ein regelmäßiger Austausch der Grundsubstanz nötig, denn nur prall gefüllt mit Flüssigkeit ermöglichen sie dem Körper sich geschmeidig zu bewegen. Dabei werden die Faszien durch Druck und Zug wie ein Schwamm ausgequetscht, sodass sie sich anschließend mit neuer Flüssigkeit wieder vollsaugen können. Geschieht dieser Austausch nicht regelmäßig genug, sammeln sich Abfallprodukte an, die die Elastizität der Faszien verringern. Das Bindegewebe entsorgt die Stoffwechselabfälle über die Lymphbahnen. Darüber hinaus wirkt die Grundsubstanz und besonders die darin enthaltene Hyaluronsäure als Schmiermittel, um reibungslose Bewegungen zu ermöglichen.
Drei Gruppen: Oberflächliche, viszerale und tiefe Faszien
Die Faszien enthalten sowohl Rezeptoren für Schmerz als auch Sinnesrezeptoren. So können die Faszien auf Druck, Temperatur und Schwingungen reagieren. Außerdem erkennen sie Änderungen in der Bewegung, etwa die Muskelspannung oder Gelenkstellung, und der chemischen Zusammensetzung des umgebenden Gewebes. Mediziner unterteilen Faszien in drei Gruppen:

 Oberflächliche Faszien liegen unterhalb der Haut und stellen die Verbindung zwischen Organen und Gewebe dar. Sie umhüllen auch Blutgefäße, Nerven und Drüsen.
•  Viszerale Faszien schützen die inneren Organe und halten sie an Ort und Stelle. Nur wichtige Organe wie Hirnhaut, Herzbeutel oder Brustfell sind mit viszeralen Faszien überzogen.
•  Tiefe Faszien umhüllen einzelne Muskeln, Muskelgruppen, Knochen und Gelenke.

Faszien haben eine wichtige Funktion für den Körper, sie sorgen für Beweglichkeit, Geschmeidigkeit und Leistungsfähigkeit. Bei jeder Bewegung stützen sie uns und schützen unsere Muskeln vor Verletzungen. Sie übertragen Muskelkraft auf Knochen und Gelenke und sind dafür verantwortlich, dass sich Muskeln und Organe, etwa bei der Atmung, gegeneinander verschieben können
Ursachen für schmerzende Faszien
Durch bestimmte Einflüsse wird das Bindegewebe in Mitleidenschaft gezogen und immer schlaffer. Es kommt zu einer Bindegewebsschwäche, die sich oberflächlich meist als Cellulite bemerkbar macht. Mit zunehmenden Alter können Faszien aber auch immer steifer werden, während sie in jungen Jahren noch sehr elastisch und beweglich sind. Versteifte, poröse oder verklebte Faszien machen verspannt und unbeweglich und können erhebliche Schmerzen verursachen. Die Probleme mit den Faszien können folgende Ursachen haben:

•  Fehlbelastung durch nicht korrekte Ausführung der Bewegungen oder einseitige Belastung (z.B. Tennisarm)
•  Bewegungsmangel
•  Überbelastung durch zu viel Sport
•  Verletzungen
•  Permanenter Stress

Die Flüssigkeit, die normalerweise bei jeder Muskelbewegung weitergeleitet wird, kann dann nicht mehr ordentlich transportiert werden. Dadurch gleitet die Faszie nicht mehr richtig, sodass die Grundsubstanz, anstatt zu fließen, gestaut wird. In der Folge verfilzen, verkleben, verhärten die Faszien oder werden porös. Schmerzen und Verspannungen an Nacken, Schultern, Rücken, Beinen oder auch an den Gelenken treten auf, die Betroffenen sind in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.
Gesundes Bindegewebe durch Faszientraining
Trainierte und elastische Faszien versorgen den Körper besser mit Nährstoffen und können gezielter Energie aufnehmen. Dadurch wird die Kraft besser auf Gelenke und Muskeln übertragen. Mit gezieltem Faszientraining wird deren Elastizität erhöht, sodass der Körper insgesamt leistungsfähiger wird. Eventuell bestehende Verklebungen des Bindegewebes können so gelöst und Schmerzen gelindert sowie Bewegungseinschränkungen behoben werden. Als Warm-up, etwa vor einem Tennismatch, erhöht Faszientraining die Bewegungsamplitude, als Cool-down wiederum verkürzt es die Regenerationszeit und reduziert Muskelkater. Da das Bindegewebe sich nur langsam verändert, braucht es für spürbare Verbesserungen Ausdauer und Geduld. Wer zwei- bis dreimal pro Woche Faszienübungen macht, sollte aber nach einigen Wochen schon erste positive Effekte bemerken. Dabei ist es wichtig, weder zu schnell – dadurch verpufft der gewünschte Effekt, weil kein „Ausstreichen“ der Faszien stattfindet – noch zu lange zu trainieren. Pro Einheit reichen 15-20 Minuten vollkommen aus. So lassen sich die Übungen wunderbar in den Alltag einbauen. Längere Trainingseinheiten können sich kontraproduktiv auswirken und noch mehr oder neue Schmerzen verursachen. Im Internet gibt es zahlreiche Tipps und Erklärvideos zum Thema Faszientraining, und die meisten Faszienrollen werden mit Trainingsanleitungen geliefert. Es empfiehlt sich aber, den Arzt oder Physiotherapeuten bezüglich Faszientraining zu konsultieren und sich die korrekte Ausführung zeigen zu lassen.  
Elemente des Faszientrainings
Generell sollten beim Faszientraining die folgenden vier Elemente berücksichtigt werden:

•  Federn / Rebound Elasticity – der Katapult-Mechanismus
Durch federnde und schwingende Übungen wird die Speicherkapazität des Bindegewebes erhöht. Hierdurch kann die Sprungkraft gezielt erhöht werden.
•  Dehnen / Fascial Stretch oder Faszien-Yoga – das Dehnen langer Ketten
Durch langes und weitgreifendes Dehnen wird die Stimulation der Faszien gewährleistet. Auf lange Sicht bedeutet dies eine Erhöhung der Muskelreichweite.
•  Beleben / Fascial Release – Eigenbehandlung mit der Faszienrolle
Das Faszientraining mit der Faszienrolle belebt die Muskulatur. Es sorgt insbesondere vor Wettkämpfen, z.B. Tennismatches, für eine erhöhte Durchblutung und Vergrößerung der Bewegungsamplitude.
• Spüren / die Körperwahrnehmung (=Propriozeption) verbessern
Verfeinern der Eigenwahrnehmung des Körpers und der Körpersinne.
Faszienübungen mit dem Tennisball
Für Muskelgruppen mit kleineren Flächen kann man Faszienübungen auch mit einem Tennisball durchführen. Waden, Fußsohlen, seitliche Rumpfmuskeln, die hintere Oberkörpermuskulatur oder die Gesäßmuskeln lassen sich wunderbar mit einem Tennisball trainieren. Folgend stellen wir Dir ein paar Beispielübungen vor.

Übung für die Waden
Verspannungen oder Verwachsungen in den Waden können zu seitlichen Knieschmerzen sowie Taubheit und Kribbeln in Unterschenkel und Fuß führen. Um dagegen anzugehen, stelle den Fuß auf einen Tisch oder Stuhl und drücken den Tennisball mit der Hand an die Außenseite des Unterschenkels. Rolle den Ball für 30-60 Sekunden hoch und runter entlang der Außenseite des Unterschenkels – immer mit Druck – und wechsel dann das Bein.

Triggern des oberen Rückens
Mit dieser Übung werden Schmerz auslösende Stellen, sogenannte Triggerpunkte, im oberen Rücken bearbeitet. Stelle dich mit dem Rücken zur Wand und klemme den Tennisball zwischen oberem Rücken und Wand ein. Nun bewege den Rücken über den Ball, indem du etwas in die Knie gehst und den Ball nach oben und unten rollst. Mache die Übung für 30-60 Sekunden. Je weiter du von der Wand weg stehst, desto höher ist die Druckwirkung.

Aktivierung der Fußsohle
Stelle dich mit nackten Füßen stabil hin und lege den Tennisball unter den Vorderfuß. Verlagere das Gewicht langsam vom hinteren auf den vorderen Fuß und rolle den Ball langsam von vorn nach hinten. Dabei solltest du durch den Tennisball ständig Druck im Fuß verspüren. Zu Beginn kann die Übung ein wenig schmerzhaft sein, doch das legt sich mit der Zeit. Wechsel den Fuß und wiederhole die Übung für jede Seite mehrere Male.
Schlaf und Ernährung für fitte Faszien
Neben dem richtigen Training sind Ruhe und Ernährung wichtig für gesunde Faszien. Ohne ausreichend Schlaf können sich die Faszien nicht genügend regenerieren. Während der Nachtruhe wird das Wachstumshormon STH gebildet, das die körpereigene Kollagenherstellung anregt. Auch die Ernährung ist wichtig für gesunde Faszien. Lebensmittel mit essentiellen Aminosäuren und viel Vitamin C wirken sich positiv auf den Zustand der Faszien aus. Essentielle Aminosäuren finden sich unter anderem in Fisch und Fleisch, in Hülsenfrüchten sowie in Milchprodukten wie Quark und Käse. Wichtig ist dabei, auf eine gute Balance aus pflanzlichen und tierischen Proteinen – sofern du tierische Nahrung zu dir nimmst – zu achten, da tierische Nahrung oft auch sehr fetthaltig ist. Pflanzliche Nahrung enthält zwar kaum Schadstoffe, die Proteine sind für den Körper aber schwieriger zu verwerten. Um die für die Faszien so wichtigen Proteine Kollagen und Elastin herzustellen, benötigt der Körper neben essentiellen Aminosäuren auch Ascorbinsäure, weithin bekannt als Vitamin C. Dieses findet sich unter anderem in Spinat, Paprika, Kohl sowie Zitrusfrüchten. Darüber hinaus ist es wichtig – nicht nur für gesunde Faszien – den Körper mit ausreichend Mineralstoffen und Spurenelementen zu versorgen sowie ihm ausreichend Flüssigkeit zuzuführen.

Wer sich ohnehin gesund und ausgewogen ernährt, braucht hier aber generell nichts zu befürchten und kann sich mehr auf das Training konzentrieren.
Autor: Nils Reuter
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